Aktuelles zu

Stellungnahme zum Entwurf eines Kirchengesetzes zur Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD)

Die Bundeskonferenz, der Zusammenschluss der Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen gemäß § 55a Abs. 2 MVG-EKD und damit die Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften die für die Diakonie zuständig sind, setzen sich schon seit Jahren für die Gleichstellung der betrieblichen Mitbestimmung in diakonischen Unternehmen mit den nach staatlichem Recht zu bildenden Betriebsräten ein. Wir sind der Auffassung, dass in diakonischen Unternehmen, Konzernen und Aktiengesellschaften die gleichen Rechte gelten müssen, wie in weltlichen Unternehmen, Konzernen und Aktiengesellschaften. Die Anwendung der staatlichen Gesetze, des Betriebsverfassungsgesetzes und der Unternehmensmitbestimmungsgesetze in diakonischen Einrichtungen und Unternehmen ist dafür die Voraussetzung.

Unabhängig von dieser politischen Position, hat sich in den vergangenen Monaten eine Arbeitsgruppe der Bundeskonferenz mit der notwendigen Novellierung des Mitarbeitervertretungsgesetzes befasst. Darüber hinaus hat ein Workshop mit den Kolleg:innen der Ständigen Konferenz stattgefunden. In diesem wurden die, aus der jeweiligen Sicht, notwendigen Änderungen besprochen und begründet. Die Bundeskonferenz unterstützt die von der Ständigen Konferenz formulierten Forderungen und eingebrachten Änderungsvorschläge zur Weiterentwicklung des Mitarbeitervertretungsgesetzes. Viele dieser Forderungen sind deckungsgleich.

Die Gestaltung einer zukunftsfähigen Mitbestimmung ist unter anderem Aufgabe und Ziel der Bundeskonferenz. Das Mitarbeitervertretungsgesetz versagt den Mitarbeitervertretungen wesentliche Rechte. Dies gilt insbesondere hinsichtlich

  • eines einfachen und wirksamen Mitbestimmungsverfahrens. Das arbeitgeberfreundliche, überformalisierte Verfahren nach § 38 MVG-EKD behindert eher die Mitbestimmung, als dass es sie fördert.
  • eines wirksamen Initiativrechts der Mitarbeitervertretung
  • einer Begrenzung der Zuständigkeit der Einigungsstelle auf Regelungsfragen nach § 40 MVG-EKD
  • der den Mitarbeitervertretungen zustehenden Ressourcen (z.B. Freistellung)
  • der Mitbestimmungstatbestände, die den großen Umwälzungen gerecht werden, also erweiterte Mitbestimmung bezüglich der Qualifizierung der Arbeitnehmer:innen, bezüglich des Umweltschutzes, bei Betriebsänderungen u.v.m.
  • der gewerkschaftlichen Rechte
  • des Zwangs der Kirchenzugehörigkeit

In den vergangenen Wochen haben auch die Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen den Gesetzentwurf beraten. Nach abschließender Beratung und Kenntnisnahme der Stellungnahme einer von uns beauftragten Anwaltskanzlei, nimmt die Bundeskonferenz der Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften wie folgt Stellung:

Der vorliegende Novellierungsvorschlag wird der Anforderung einer Anpassung an staatliches Recht und einer zukunftsfähigen Mitbestimmung bei Weitem nicht gerecht. Im Gegenteil, es ist festzustellen, dass bestehende Rechte der Mitarbeitervertretungen eingeschränkt und die den Dienststellenleitungen obliegenden Pflichten gemindert werden. Ein Ausgleich der Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern findet nicht statt.

Stattdessen suggerieren das Anschreiben und die Begründung zum Gesetzentwurf, dass der Gesamtausschuss der EKD Änderungen angeregt habe und diese zum größeren Teil übernommen worden wären.

So wird vom Kirchenamt mitgeteilt:

„Anregungen aus den Gliedkirchen, der Diakonie sowie vom Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen der EKD haben zu dem vorliegenden Änderungsentwurf geführt, der von einer Arbeitsgruppe erstellt worden ist, in der Expertinnen und Experten aus den Gliedkirchen und der Diakonie mitgewirkt haben.“

Die Bundeskonferenz stellt hiermit ausdrücklich fest, dass bis heute kein Gespräch mit dem Gesamtausschuss der EKD stattgefunden hat. Auch gibt es keine schriftlichen Anregungen des Gesamtausschusses der EKD zur Änderung des MVG-EKD.

Auch in der Begründung wird u.a. ausgeführt:

„Für den jetzt vorliegenden Entwurf des Änderungsgesetzes zum MVG-EKD existieren verschiedene Gründe:

a) Vom Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen in der EKD werden verschiedene Detailänderungen angeregt. Von diesen Anregungen ist der größere Teil in den Entwurf übernommen worden, da damit die praktische Arbeit der Mitarbeitervertretungen verbessert wird.“

Diese Feststellung ist unzutreffend und für die Bundeskonferenz nicht nachvollziehbar. Sie soll den Synodalen wohl eher ein Bild der Mitwirkung der kirchlichen Interessenvertretungen zeichnen. Dieses Bild manipuliert die Wahrnehmung der Betrachter:innen. Die Bundeskonferenz hat 39 Vorschläge zur Klarstellung, Verbesserung und Annäherung des MVG-EKD an das weltliche Recht gemacht. Von denen 4, sowie einige redaktionelle Änderungen aufgegriffen wurden. Rund 90% der Forderungen und Anregungen der Bundeskonferenz sind nicht aufgegriffen worden.

Die Bundeskonferenz ist davon ausgegangen, dass in einem sachlichen Diskurs über Verbesserungen und Formulierungen diskutiert werden kann. Ein sachlicher Diskurs mit den Arbeitnehmer:innenvertretungen zur Weiterentwicklung des Mitarbeitervertretungsgesetzes, war von den Verantwortlichen nicht ernsthaft vorgesehen. Vielmehr soll der Anschein erweckt werden, dass die Arbeitnehmer:innenvertretungen beteiligt waren.

In der Begründung unter d) heißt es:

„In der Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der EKD als Oberinstanz im Mitarbeitervertretungsrecht sind in den letzten Jahren verschiedene Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten am MVG-EKD gegeben worden, die in den Entwurf eingeflossen sind.“

Auch diese Feststellung ist nicht zutreffend. Richtig ist, dass der Kirchengerichtshof verschiedene Hinweise gegeben hat. Diese sind jedoch nicht eingeflossen. Das Gegenteil ist der Fall. Die durch die Rechtsprechung erhaltenen Rechte der Mitarbeitervertretung, werden mit diesem Änderungsentwurf wieder eingeschränkt. Sobald Arbeitgeber der Unternehmensdiakonie die rechtlichen Vorgaben oder die Rechtsprechung für zu weitgehend halten, wird die wirksame Mitbestimmung weiter eingeschränkt.

Im Folgenden wollen wir exemplarisch anhand einiger Beispiele unsere Sichtweise verdeutlichen:

  1. Einigungsstelle

Die Einigungsstelle ist ein Kernpunkt der Mitbestimmung. Der Novellierungsvorschlag schafft keine Klärung der missglückten Einführung.

Der derzeitige Wortlaut von § 38 Abs. 4 Satz 2 MVG-EKD kann dahingehend missverstanden werden, dass die Anrufung der Einigungsstelle in den Regelungsstreitigkeiten nach § 40 MVG-EKD nur dann angerufen werden kann, wenn eine Einigungsstelle besteht, also zuvor gebildet worden ist.

Der Kirchengerichtshof hat klargestellt, dass in den Regelungsstreitigkeiten nach § 40 MVG-EKD ausnahmslos die Einigungsstelle anzurufen ist und es auf ein etwaiges „Bestehen“ der Einigungsstelle nicht ankommt. Der KGH.EKD hat deutlich gemacht, dass die Einführung einer verbindlichen Einigungsstelle nicht mit einem Wahlrecht hinsichtlich deren Anrufung vereinbar ist. (KGH.EKD, Beschluss vom 7.12.2020, II-0124/30-2020)

So hat die Bundeskonferenz folgenden Vorschlag zur Klarstellung gemacht:

§ 36a entfällt und § 38 wird wie folgt geändert:

Die Zustimmungsfiktion wird auf personelle Einzelmaßnahmen beschränkt.

Abs. (3) In den Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung (§§ 42 und 43) gilt …

Abs. (4) Kommt in den Fällen der Mitbestimmung nach §§ 42 und 43 keine Einigung zu Stande, kann die Dienststellenleitung innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der schriftlichen Weigerung das Kirchengericht anrufen. Die Sätze 2 – 4 entfallen.

Abs. (5) Die Dienststellenleitung kann bei Maßnahmen nach §§ 42 und 43, die …

Neue Absätze 6 – 12:

Abs. (6) Kommt in den Fällen der Mitbestimmung nach §§ 39 und 40, sowie bei anderen Regelungsstreitigkeiten keine Einigung zustande, so entscheidet auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle.

Abs. (7) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzenden, die je von der Dienststellenleitung und der Mitarbeitervertretung bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Kirchengericht durch Beschluss des bzw. der Vorsitzenden. Der bzw. die Vorsitzende entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird. Im Übrigen gilt § 100 Abs. 1 ArbGG. Gegen die Entscheidungen des bzw. der Vorsitzenden findet die Beschwerde an den Kirchengerichtshof statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Dieser entscheidet nach Anhörung beider Seiten im schriftlichen Verfahren durch den bzw. die Vorsitzenden des Senats.

Abs. (8) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der bzw. die Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der bzw. die Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen, von der bzw. dem Vorsitzenden zu unterschreiben und der Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung zuzuleiten.

Abs. (9) Durch Dienstvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

Abs. (10) Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite benannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden die bzw. der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe von Abs. 8 allein.

Abs. (11) Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange der Dienststelle und der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch die Dienststellenleitung oder die Mitarbeitervertretung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Kirchengericht geltend gemacht werden.

Abs. (12) Die Kosten der Einigungsstelle trägt die Dienststelle. Über die Höhe der Vergütung der bzw. des Vorsitzenden und der Beisitzer, die nicht der Dienststelle angehören, ist mit der bzw. dem Vorsitzenden nach Anhörung der externen Beisitzer eine Vereinbarung zu treffen.

§ 47 wird wie folgt geändert:

Abs. (2) Kommt in den Fällen der §§ 42, 43 und 46, auch nach Erörterung …

Abs. (3) Die Anrufung des Kirchengerichts ist für Regelungsstreitigkeiten in Angelegenheiten nach §§ 39, 40 ausgeschlossen. 2 In diesen Fällen entscheidet die Einigungsstelle.

§ 60 Abs. 6 wird wie folgt geändert:

Abs. (6) In den Fällen der Mitbestimmung prüft das Kirchengerichte die Zuständigkeit der Einigungsstelle, die zu beachtenden Verfahrensgrundsätze, sowie die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Spruchs. Wird ein Einigungsstellenspruch aufgehoben, ist das Einigungsstellenverfahren fortzusetzen.

Soweit der Vorschlag der Bundeskonferenz.

Die Anrufung des Kirchengerichts soll nur dann (zugunsten der Einigungsstelle) ausgeschlossen sein, wenn die Einigungsstelle besteht oder begehrt wird. Mit dieser geplanten Änderung wird stattdessen versucht, die klarstellende Rechtsprechung in ihr Gegenteil zu verkehren.

  • Verfahren der Mitberatung gemäß § 45 MVG-EKD

Nach § 45 MVG-EKD hat der Arbeitgeber in Angelegenheiten, die der Mitberatung unterliegen, nach mündlicher Erörterung mit der Mitarbeitervertretung dieser schriftlich mitzuteilen, warum er an seiner Absicht festhält. Diese Verpflichtung ist Ausdruck des Gebotes zu vertrauensvoller Zusammenarbeit und der Verpflichtung, in strittigen Fragen eine Einigung zu suchen, § 33 MVG-EKD.

Eine Verletzung dieser Erklärungspflicht soll nach der geplanten Änderung nicht mehr die Folge haben, dass die der Mitberatung unterliegende Maßnahme unwirksam ist. Damit wird das Mitberatungsverfahren vollständig überflüssig. Warum sollte eine Dienststellenleitung eine Mitarbeitervertretung im Rahmen der Mitberatung beteiligen, wenn die Verletzung dieser Pflicht keine Folgen auslöst?

Der kirchliche Gesetzgeber ist schon wiederholt den Weg gegangen, Dienststellenleitungen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Über Jahrzehnte haben die kirchlichen Gerichte es für nicht erforderlich gehalten, dass die Mitarbeitervertretung nach der mündlichen Erörterung gem. § 38 Abs. 3 MVG-EKD eine Stellungnahme abgibt. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Dienststellenleitung im Rahmen des Austausches in der mündlichen Erörterung erkennen kann, ob die Mitarbeitervertretung zustimmt. Als jedoch eine Dienststellenleitung an dieser Aufgabe scheiterte und einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess verlor, wurde mit § 38 Abs. 3 Satz 6 MVG-EKD die nachlaufende Erklärungspflicht der Mitarbeitervertretung eingeführt.

Hier wird ein System erkennbar: Der kirchliche Gesetzgeber ebnet den Dienststellenleitungen den Weg und belastet die Mitarbeitervertretungen mit weiteren Erklärungspflichten.

  • Bruttolohnlisten

Der Kirchengerichtshof hat festgestellt, dass die Aushändigung der Bruttolohnlisten an die Mitarbeitervertretung zweimal im Jahr erforderlich ist, damit diese ihrem Überwachungsauftrag nachkommen kann. (KGH.EKD, Beschluss vom 5.12-2016, II-0124/28-2016)

Entgegen dieser auf arbeitsrechtlicher Kenntnis und Erfahrung des Gerichts beruhenden Feststellung soll das Recht der Mitarbeitervertretung dahingehend eingeschränkt werden, dass nur einmal jährlich, zwei Mitgliedern der Mitarbeitervertretung, ein Einsichtsrecht gewährt werden soll.

Damit wird das Kontrollrecht der Mitarbeitervertretung ausgehebelt. Eine wirksame Kontrolle kann bei mehreren Hundert und manchmal auch mehreren Tausend Beschäftigten aufgrund bloßer Einsicht nicht ausgeübt werden. Die geplante Gesetzesänderung dient ersichtlich allein dem Arbeitgeberinteresse, möglichst unbemerkt einzelnen Beschäftigtengruppen (den sog. Funktions-Eliten) unter Umgehung der tarifvertraglichen Anforderungen oder derjenigen, die sich aus den kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergeben, höhere Vergütungen zu zahlen. Es gilt offensichtlich die Abkehr von der Bindung an kirchliches Arbeitsrecht zu verschleiern.

Sollte die Synode wie vorgeschlagen beschließen, würde sie das vom Kirchengerichtshof für erforderlich Gehaltene verweigern.

  • Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

Das SGB IX regelt in §§ 177 ff die Rechte der Schwerbehindertenvertretungen. Der Entwurf gleicht diese Rechte zwar weiter an, übernimmt sie aber nicht vollständig. Es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, die Rechte engagierter Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Mitarbeitenden in diakonischen
Unternehmen weiterhin einzuschränken.

  • Vertretung der Jugendlichen und der Auszubildenden

Grundsätzlich muss aus unserer Sicht auch die Vertretung der Jugendlichen und der Auszubildenden mit vergleichbaren Rechten ausgestattet sein, wie sie der betrieblichen Jungend- und Auszubildendenvertretung im Betriebsverfassungsgesetz zugestanden werden.

Es gibt keine kirchliche, diakonische Begründung für die Schlechterstellung der Vertretung der Jugendlichen und Auszubildenden, gegenüber den Rechten der JAVen im staatlichen Bereich. Auch ist die ACK-Klausel ist hier zu streichen.

Des Weiteren haben wir zu neun Paragrafen eine Angleichung ans staatliche Recht gefordert, aufgegriffen wurden keine.

Auch haben wir eine angemessene Freistellungsregelung für Gesamtmitarbeitervertretungen und die gliedkirchlichen Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften gefordert. Diese ist notwendig, da die entstehenden Kosten oft nur von den Unternehmen zu tragen sind, aus deren Mitarbeitervertretungen eine Person in den Gesamtausschuss oder die Arbeitsgemeinschaft gewählt wurde. Bei einer Freistellungsregelung für die Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften ist der Aufwand für die Mitwirkung in der Arbeitsrechtssetzung außer Betracht zu lassen. Aufgegriffen wurde diese nicht.

Die seit Jahren bestehende Forderung nach einer Unternehmensmitbestimmung soll nun Einzug ins Mitarbeitervertretungsgesetz finden. Das nun eine Unternehmensmitbestimmung verpflichtend festgelegt werden soll, ist zu begrüßen. Die Festlegung im Mitarbeitervertretungsgesetz ist aber nicht sachgerecht. Besser wäre ein eigenes Kirchengesetz. Unabhängig davon, muss die Regelung um die in der Diakonie bestehenden Holding-Strukturen ergänzt werden.

Auch die von uns aufgegriffenen und benannten Vorschläge des DGB zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes sollen in dieser Stellungnahme nicht unerwähnt bleiben. So fordern wir folgende Punkte in § 40 bzw. § 42 MVG-EKD aufzunehmen.

  • Maßnahmen zum Schutz der Würde und der Persönlichkeitsrechte Einzelner
  • Maßnahmen des betrieblichen Datenschutzes
  • Grundsätze für die außertarifliche Vergütung
  • Personalplanung und Personalbemessung sowie Aufstellung und Änderung des
    Stellenplanentwurfs
  • Grundsätze für die personelle Auswahl bei Einstellungen
  • Dauerhafte Vergabe von Arbeitsbereichen an Dritte, die bisher von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Dienststelle wahrgenommen werden
  • Auflösungsverträge

In § 10 Abs. 1 MVG-EDK ist Satz 2 zu streichen. Wenn die Kirche Mitarbeitenden, die nicht Mitglied einer christlichen Kirche sind, zutraut, den christlich, diakonischen Auftrag umzusetzen, so muss diese den Mitarbeitenden auch zutrauen können, die aufgrund eines Gesetzes festgelegten Aufgaben der Interessenvertretungen wahrzunehmen. Auch diese Anregung wurde nicht aufgegriffen.

Die Ev. Kirche hat die wechselseitigen Belange der leitenden Mitarbeitenden und der abhängigen Mitarbeitenden auszutarieren und Schlechterstellungen theologisch zu begründen. Es fehlt aber entweder an der Bereitschaft oder der Fähigkeit, die wechselseitigen Belange auszutarieren und zu erklären, warum Interessenvertretungen in diakonischen Unternehmen weniger Rechte haben, als Betriebsräte in weltlichen Unternehmen.

Wird dieser vorgelegte Novellierungsvorschlag beschlossen, hat die Kirche ihre Legitimation verspielt, selbst ihre betriebliche Verfassung zu regeln. Dieses schreiende Unrecht muss beendet werden. Mit diesem vorgelegten Entwurf ist die Politik aufgefordert, nun endlich gesetzlich in dieses Unrecht einzugreifen.

Herr Prof. Dr. Jacob Joussen, seit 2010 Universitätsprofessor an der Ruhr – Universität Bochum und Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht und seit Nov. 2015 Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist zwar nicht der Auffassung, dass dasselbe Recht gelten soll, macht aber deutlich, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass Teilhabemöglichkeiten die im weltlichen Bereich erreicht wurden, im kirchlichen Raum verwehrt werden. Er stellt fest: „Es muss doch gerade Anspruch der Kirchen sein, das eigene Mitarbeitervertretungsrecht so auszugestalten, dass die Teilhabemöglichkeiten der kirchlichen Mitarbeiter:innen nicht hinter denjenigen zurückstehen, die andere Beschäftigte bereits haben.“ Und weiter, „Es wird deutlich werden, dass ein Zurückbleiben hinter einer an anderer Stelle erreichten Teilhabe kaum je zu rechtfertigen sein wird.“

Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht geeignet, die seit Jahren bekannten mitbestimmungsrechtlichen Defizite aufzuheben. Den Verfassern des Entwurfs ist offensichtlich nur daran gelegen, die Wirkmächtigkeit der Mitarbeitervertretungen einzuschränken und gleichzeitig die Dienststellenleitungen von Anforderungen zu befreien. Die EKD entfernt sich mit diesem Gesetz weiter vom mitbestimmungsrechtlichen Standard in der Bundesrepublik. Insbesondere für den Bereich der Diakonie wird damit der Anspruch, durch Mitbestimmung Grundrechte auch im Arbeitsleben wirksam werden zu lassen, fallen gelassen.

Die Bundeskonferenz fordert den Rat der EKD auf, das Gespräch mit der Bundeskonferenz aufzunehmen um zu klären, wie die Forderungen der gewählten Interessenvertretungen im weiteren Verfahren berücksichtigt werden können.