Aktuelles zu

Arbeitnehmervertreter*innen
verurteilen das Handeln
der Arbeitgeber in
Caritas und Diakonie

Am 8. Februar 2021 haben die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) und ver.di nach 16-monatigen Verhandlungen einen Tarifvertrag über Mindestbedingungen in der Altenpflege abgeschlossen. Ziel der Verhandlungen war, die Lohnbedingungen in der Altenpflege zu verbessern und den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, um Mindestbedingungen für die gesamte Branche zu regeln.

Nachdem im Januar die Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Diakonie und Caritas angehört wurden, haben der BVAP und ver.di noch einmal Änderungen am voraussichtlichen Inhalt des Tarifvertrags vorgenommen.

Die Mindestbedingungen für die Beschäftigten in der Altenpflege würden durch den Tarifvertrag deutlich verbessert:

  • Endlich gäbe es keine Unterschiede mehr zwischen Ost und West.
  • Die Löhne in der Altenpflege stiegen bis 2023 um durchschnittlich 25 Prozent.
  • Der Mindesturlaub in der Altenpflege läge künftig bei 28 Tagen.

Eine höhere Bezahlung und andere, darüber liegende Ansprüche (wie z.B. ein höherer Urlaubsanspruch) würden durch den Tarifvertrag nicht gefährdet. Eine bessere Behandlung ist immer statthaft.

Am 25./ 26. Februar mussten wir jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die Arbeitgeber in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen verhindert haben, dass dieser Tarifvertrag allgemeinverbindlich wird.

Wir, die Vertreter*innen der Beschäftigten – die Bundeskonferenz der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie – verurteilen das unverantwortliche Verhalten der Arbeitgeber aus Caritas und Diakonie auf das Schärfste und fordern sie daher auf:

  • Beenden Sie Ihre Blockadehaltung!
  • Machen Sie den Weg frei für bessere Lohnbedingungen in der ganzen Pflegebranche!
  • Stimmen Sie dem Antrag auf Erstreckung des Tarifvertrags Altenpflege zu!

Die Bundesregierung hat im Arbeitnehmerentsendegesetz die Grundlage dafür geschaffen, dass ein Tarifvertrag auf die ganze Branche erstreckt werden kann. An einer entsprechenden  Gesetzesänderung haben Caritas und Diakonie seinerzeit aktiv mitgewirkt. Laut Gesetz müssen die Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Diakonie und Caritas dem Antrag auf Erstreckung zustimmen, bevor der Bundesarbeitsminister ihn auf die gesamte Branche erstrecken kann.

Am 25. Februar 2021 tagte die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas. Die Arbeitgeberseite hat mit ihren Stimmen die notwendige Mehrheit für die Zustimmung zum Antrag von ver.di und BVAP auf Erstreckung des Tarifvertrags über Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche aktiv verhindert.

Die fadenscheinige Begründung, „der Tarifvertrag greife in die Strukturen der AVR Caritas ein“, ist nicht nachzuvollziehen. Angeblich liegen die AVR Caritas über den im Tarifvertrag genannten Werten und wäre damit weiterhin anzuwenden. Auch Zuschläge, Sonderzahlungen und die betriebliche Altersvorsorge aus den AVR wären durch den Tarifvertrag nicht gefährdet.

Die Caritas hat ihr gesetzlich eingeräumtes Beteiligungsrecht pervertiert und in eine Blockadehaltung verwandelt. Hundertausende Pflegepersonen – vor allem bei den kommerziellen Pflegeanbietern – sind die Verliererinnen und Verlierer. Wieder einmal sind vor allem Frauen davon betroffen, denn sie stellen 83 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege.

Wo sonst auf die Billiglohnkonkurrenz geschimpft wird, ist sie jetzt willkommen: „Wir setzen auf die Pflegemindestkommission und den Wettbewerb von Tarifwerken“ so Norbert Altmann,  Sprecher der Arbeitgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas.

Am 26. Februar 2021, nur einen Tag später, hat auch die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie dem Tarifvertrag die Unterstützung verweigert. Die Arbeitgeber verhinderten eine Beschlussfassung.

Wir werten dieses Verhalten als Ablehnung. Es hätte zumindest die Möglichkeit bestanden, ein Zeichen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege zu setzen.

Der Arbeitgeberverband der Diakonie verhöhnt stattdessen öffentlich die Bemühungen der Gewerkschaft ver.di und des Arbeitgeberverbands BVAP lapidar: „Schade um die verlorene Zeit!“ Auch die Äußerung des Präsidenten der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, man werde weiter mit aller Kraft für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege kämpfen, ist eine Verhöhnung der betroffenen Kolleg*innen, wäre es doch möglich gewesen, einen ersten Schritt sofort zu gehen und nicht in eine ungewisse Zukunft zu verschieben.

Wir erwarten, dass Arbeitgeber aus christlichen Einrichtungen sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft bewusst werden. Wir erwarten, dass sie der Erstreckung des Tarifvertrags Altenpflege zustimmen.