In den vergangenen Wochen haben sich die Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen mit dem Entwurf der Richtlinie befasst. Nach Beratung in der
Vollversammlung am 11.05.2023 und Kenntnisnahme der Stellungnahme einer von uns
beauftragten Anwaltskanzlei, sind unserem Verständnis nach die privatrechtlich angestellten
Mitarbeiter:innen in privatrechtlich organisierten Unternehmen, also die Mitarbeiter:innen der
Diakonie, von diesem Geltungsbereich nicht erfasst.
Dennoch nimmt die Bundeskonferenz der Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften kurz zu dem Inhalt des Entwurfs Stellung.
Anhand der folgenden beispielhaft aufgeführten Punkte verdeutlichen wir, warum eine Verabschiedung und Umsetzung der Richtlinie in der jetzigen Fassung unterbleiben sollte.
- In der Richtlinie fehlt ein Verweis auf das zugrundeliegende Datenschutzrecht, da das DSG-EKD nicht anwendbar ist. (Urteil Verwaltungsgericht Hannover vom 30.11.2022)
- Daraus ergibt sich, dass die DSGVO anzuwenden wäre. Die Richtlinie soll die
Verarbeitung personenbezogener Daten regeln. In den Regelungen der Richtlinie ist teilweise keine bzw. keine hinreichende Zweckbestimmung oder Begrenzung vorgesehen. Das ist vor allem problematisch, da es sich um besonders schützenswerte Daten wie
Gesundheitsdaten oder Daten über strafrechtliche Verurteilungen handelt. Art. 9 DSGVO regelt die Verarbeitung von Gesundheitsdaten und erlaubt diese nur in sehr engen Grenzen. Art. 10 der DSGVO regelt die Verarbeitung von Daten über strafrechtliche
Verurteilungen. Auch hier gibt es klare Vorgaben. Von diesem Artikel ist z.B. auch das erweiterte Führungszeugnis betroffen. - Gegen eine Gliederung der Personalakten spricht zunächst nichts, wenn es z.B. der
besseren Übersichtlichkeit dient. Das Führen von Zweit- oder Nebenakten dürfte für
privatrechtlich angestellten Mitarbeiter:innen nicht zulässig sein, da es dadurch immer zu einer Vervielfältigung von personenbezogenen Daten kommt. - Zum Führungszeugnis ist zu sagen, dass es unzulässig ist, pauschal von allen
Mitarbeiter:innen ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen. Nur in den Fällen, in
denen es eine gesetzliche Verpflichtung gibt, es also z.B. Kontaktmöglichkeiten zu schutzbedürftigen Personen gibt, kann überhaupt ein erweitertes Führungszeugnis verlangt werden. D.h. aber nicht, dass es zur Personalakte genommen werden darf. Um der
arbeitgeberseitigen Verpflichtung nachzukommen, ist es ausreichend, dass Einsicht in das Führungszeugnis genommen wird, um festzustellen, ob die einschlägigen Straftatbestände vorliegen oder nicht. Das kann auch dokumentiert werden. Eine darüberhinausgehende Verarbeitung ist unzulässig, weil sie nicht erforderlich ist. - Die BEM-Akte soll als Teilakte und somit als Teil der Personalakte mit beschränkter
Zugriffberechtigung geführt werden. Diese Regelung dürfte ebenfalls unzulässig sein. Zum einen gehören Informationen zum BEM bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Einladungsschreiben zum Erstgespräch) nicht in die Personalakte, das lässt sich bereits aus der Freiwilligkeit des BEM herleiten. - Eine Reglementierung von Bevollmächtigten der Mitarbeiter:innen zur Akteneinsicht ist nicht nachvollziehbar. Warum sollten den Personen, die ausdrücklich zur Akteneinsicht von der betroffenen Person bevollmächtigt werden, nicht die gleichen Rechte zustehen, wie der betroffenen Person selbst (§19 Abs. 2 Satz 1).
- In § 18 ist eine Regelung vorgesehen, nach der Gesundheitsdaten aus Sachakten offenbar ohne Einwilligung der betroffenen Person zur medizinischen Begutachtung genutzt werden sollen. Das stellt neben der Verletzung der datenschutzrechtlichen Regelungen einen massiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar.
- Des Weiteren wird ebenfalls in § 18 geregelt, dass personenbezogene Daten im
Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt dauerhaft aufbewahrt, in einer Sachakte
abgelegt und zum Zwecke der Aufarbeitung einer hierfür zuständigen Stelle zugeführt werden sollen. Hier dürfte u.a. der Grundsatz der Speicherbegrenzung verletzt sein. Des Weiteren ist diese Vorschrift viel zu unbestimmt.
Wir gehen davon aus, dass Sie die Inhalte dieser kurzen Stellungnahme im weiteren Verfahren berücksichtigen werden.
Darüber hinaus regen wir an, deutlicher zu formulieren, dass der Geltungsbereich dieser Richtlinie auf den Bereich der verfassten Kirche begrenzt ist.